Berufliche Bildung stärken, Bürokratie und Abgabenlast senken: Das Thüringer Handwerk formuliert Erwartungen an die Landesregierung

Der Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V. (THT), Stefan Lobenstein.

Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Selbstverantwortung: Dafür steht das Thüringer Handwerk. Damit die kleinen und mittleren Handwerksbetriebe im Freistaat auch in konjunkturell unstabilen Zeiten nachhaltig wirtschaften und gesund wachsen können, sind neben ihrem ureigenen Unternehmertum auch unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen seitens der Politik notwendig. „Wenn das Thüringer Handwerk weiterhin eine starke Säule der Thüringer Wirtschaft sein soll, muss die Landesregierung schnellstmöglich an einigen Stellschrauben drehen“, sagt der Präsident des Thüringer Handwerkstag e.V. (THT), Stefan Lobenstein.

Am heutigen Montag (11. September 2023) haben die THT-Mitglieder in Gera das aktuelle Positionspapier „Thüringen nachhaltig und zukunftsfähig gestalten!“ verabschiedet. In diesem sind die Erwartungen des Thüringer Handwerks an die Landesregierung festgeschrieben. „Auf Grundlage des Positionspapiers wollen wir unseren bewährten Dialog mit der Politik, wie in den vergangenen 30 Jahren, fortsetzen. Wir sind davon überzeugt, dass wir die Zukunft des Handwerks und der Thüringer Wirtschaft nur Hand in Hand gestalten können“, betont Stefan Lobenstein.

Fokus auf schulische Kernkompetenzen und digitales Lernen

Ein Schwerpunkt des Positionspapiers liegt auf der Stärkung der beruflichen Bildung sowie der Gewinnung und Sicherung von Fachkräften. Neben der Steigerung der gesellschaftlichen Wahrnehmung der dualen Berufsausbildung, beispielsweise durch eine gleichwertige finanzielle Ausstattung von Auszubildenden und Studierenden, fordert das Thüringer Handwerk die Weiterentwicklung der gemeinsamen Maßnahmen zur Berufsorientierung. Ein weiterer Fokus liegt auf schulischen Kernkompetenzen und digitalem Lernen. „Wer die deutsche Sprache beherrscht, einen Text erfassen kann und grundlegende Rechenfertigkeiten besitzt, wird Erfolg in Ausbildung haben. Dafür sind aber genügend Lehrkräfte in den Schulen, neue pädagogische Konzepte und modern ausgestattete Berufsschulen und Berufsbildungszentren unabdingbar“, sagt Lobenstein.

Um die Fachkräftesituation zu verbessern, drängt das Handwerk auf den nachhaltigen Fortbestand der Betriebsberatung. Expertinnen und Experten der Kammern unterstützen die Betriebe bei der Entwicklung, Finanzierung und Umsetzung langfristiger Strategien. Daneben müssten kleinteilige Weiterbildungsangebote geschaffen werden, die es den Unternehmen ermöglichen, in kürzester Zeit mit den neuen Technologien und Produktionsprozessen Schritt halten zu können. Außerdem gelte es, die Integration von Geflüchteten und Zugewanderten weiter voranzutreiben, so dass Thüringer Handwerksbetriebe auch Interessierten aus dem Ausland gewinnen können.

Verbesserung der Verlustrechnung und Abschreibungsbedingungen

Ein zweiter wichtiger Schwerpunkt des Positionspapiers ist die Senkung der hohen Abgaben- und Bürokratielast, unter der zahlreiche Betriebe ächzen. „Kleine und mittlere Unternehmen müssen von Abgaben und Steuern entlasten werden, etwa durch die Verbesserung der Möglichkeiten der steuerlichen Verlustverrechnung oder einen Fortschritt bei den Bedingungen der Abschreibungen. Ohne Entlastung finden keine Investitionen in die Zukunft statt. Damit droht Stillstand im Handwerk, den wir uns mit Blick auf die aktuellen Aufgaben und Herausforderungen nicht leisten können“, so Lobenstein.

Deutliche Kritik erhält die hohe Bürokratie, darunter zahlreiche neue Gesetze und Regelungen, die den Überblick erschweren. „Überregulierung stellt eine gravierende Hürde der Wettbewerbsfähigkeit dar. Statt am Kunden oder in ihren Werkstätten zu arbeiten, müssen Handwerker ihre wertvolle Zeit darauf verwenden, Papiertiger zu bewältigen. Die Bürokratiebelastungen müssen dringend reduziert werden. Und vor allem dürfen keine neuen Belastungen hinzukommen“, fordert der THT-Präsident.

Verlässlicher Partner für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft

Mit aktuell 29.736 Betrieben, 148.000 Beschäftigten und über 7.000 Auszubildenden ist das Handwerk der starke Motor der Thüringer Wirtschaft und verlässlicher Partner für Staat und Gesellschaft. Individuelle und qualitativ hochwertige Produkte sind das Markenzeichen des Thüringer Handwerks, das mit seinen Ideen, Innovationen und Investitionen für den Fortbestand der Betriebe einsteht und sämtliche Regionen des Freistaats prägt. Insbesondere für die Zukunftsaufgaben, wie die Bewältigung der Klimakrise und den ressourcenschonenden Einsatz von Energie und Materialien, ist das Handwerk von besonderer Bedeutung.