Resolution des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung am 4. November 2004 in Suhl

Resolution des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung
am 4. November 2004 in Suhl

Reformwillen parteiübergreifend demonstrieren

Der Thüringer Handwerkstag e.V. als Spitzenorganisation des Thüringer Handwerks und somit von knapp 30.000 Betrieben mit 141.000 Beschäftigten und fast 16.000 Auszubildenden, fordert die Politiker aller Parteien in Bund,  Land und Kommunen auf, die allseits bekannten und erforderlichen Reformen endlich sachlich, konsequent und zügig anzupacken.

Unser Land kann es sich nicht leisten, fortwährend auf Landtags- oder Bundestagswahlen Rücksicht zu nehmen und damit dringend notwendige Reformschritte auf die lange Bank zu schieben.

In der Steuer- und Finanzpolitik muss das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, dass  sich das Investitionsklima in Deutschland wieder verbessert, Arbeitslosigkeit abgebaut wird und die Konsumnachfrage steigt. Mehr Steuergerechtigkeit, Steuersenkungen und Subventionsabbau sind hierbei parallel durchzuführende Maßnahmen, um den Steuerdschungel zu lichten und für mehr Investitionen zu sorgen.

Um die Arbeitslosigkeit zu senken, bedarf es grundlegender Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt. Einstellungen müssen erleichtert werden, die ausgeuferten Lohnzusatzkosten reduziert und das Arbeitsrecht flexibilisiert werden. Der Beschäftigungsmotor Mittelstand ist unter anderem auch deshalb ins Stocken geraten, weil die standorttreuen kleinen und mittleren Betriebe unter der bürokratischen Regelungswut besonders zu leiden haben.

Um die Bedürfnisse und technischen Möglichkeiten kleiner Betriebe zu berücksichtigen, sollten bei allen geeigneten Gesetzen und Auflagen, insbesondere im Sozial- und Arbeitsrecht sowie Umweltrecht, Kleinbetriebsregelungen mit vereinfachten Anforderungen beziehungsweise Freistellungen eingeführt werden.

In Bezug auf die Arbeitsmarktreform Hartz IV werden Arbeitsagenturen und Kommunen aufgefordert, besonders sorgsam bei der Vergabe von sogenannten 1-Euro-Jobs vorzugehen, um eine mögliche Billig-Konkurrenz von vornherein auszuschließen.

Staatliche Existenzgründungsförderungen dürfen nicht länger zum Dumpingwettbewerb gegenüber bereits am Markt tätigen Betrieben führen.

Um Deutschland eine zukunftssichere Basis zu geben, braucht es dringend strukturelle Reformen in den sozialen Sicherungssystemen. Der Faktor „Arbeit“ darf nicht weiter verteuert werden. Insbesondere bedarf es einer Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung, um die Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit  des Gesundheitssystems auf Dauer aufrecht zu erhalten. Das Thüringer Handwerk ist der Überzeugung, dass auf Dauer kein Weg an einem Mischsystem aus paritätisch finanzierten Pflichtleistungen und einer individuellen, kapitalgedeckten und eigenfinanzierten Zusatzvorsorge, ähnlich der Rentenversicherung, vorbeiführt.

Dringend reformbedürftig ist das deutsche Bildungssystem. In der Dualen Berufsausbildung im Handwerk ist seit Jahren das sinkende Bildungsniveau vieler Bewerber deutlich bemerkbar. Ziel der Bildungspolitik muss sein, Deutschland sowohl in der Spitzentechnologie, der Forschung als auch des allgemeinen Fachkräftereservoirs wieder auf eine internationale Spitzenposition zu bringen. Hierzu gehört neben Veränderungen in der schulischen Bildungslandschaft wie beispielsweise ein längeres gemeinsames Lernen, die Stärkung der beruflichen Bildung. Reformen müssen in diesem Zusammenhang im Handwerk zur Stärkung der Qualifizierung und nicht zur Dequalifizierung, wie im Rahmen der jüngsten Novellierung der Handwerksordnung, führen.