Oktober 2019 – Thüringer Handwerk -- archive.php --

Thüringer Handwerkstag kritisiert Einführung des Azubi-Mindestlohns

Thüringer Handwerkstag kritisiert Einführung des Azubi-Mindestlohns

Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung
Ab 2020 wird jeder Auszubildende einen Mindestlohn von 515 Euro pro Monat bekommen. Dieser Basiswert soll bis 2023 in drei Stufen auf 620 Euro steigen. Das sieht das am 24. Oktober 2019 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung vor. Mit den von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) auf den Weg gebrachten Neuerungen will die Bundesregierung die Berufsausbildung attraktiver machen und Abbrecherquoten reduzieren.
Der Thüringer Handwerkstag e.V. (THT) kritisiert die Anhebung der Auszubildendenvergütung. „Der Beschluss ist ein Eingriff in die Tarifautonomie. Wir halten daran fest, dass die Gewerkschaften und Arbeitgeber die Ausbildungsvergütung und Löhne festlegen sollen, so wie es üblich war!“, sagt THT-Präsident Stefan Lobenstein und führt fort: „Bei der Auswahl ihres Berufes sind Jugendliche nicht nur auf das Geld orientiert, sondern vor allem auf die Leidenschaft  für den Beruf. Eine staatlich vorgeschriebene Mindestausbildungsvergütung wird nicht dazu führen, mehr junge Leute für das Handwerk zu begeistern“, betont er und verweist auf die vielfältigen Nachwuchsgewinnungs-Maßnahmen, die die drei Thüringer Handwerkskammern Erfurt, Ost- und Südthüringen sowie die Verbände im direkten Kontakt mit jungen Menschen an Kitas, Regelschulen und Gymnasien, sowie im Rahmen von öffentlichkeitswirksamen Aktionen, beispielsweise beim „Tag des Handwerks“ mit Erfolg leisten.
Nicht alle Gewerke profitieren vom neuen Mindestlohn. Während Maßschneider mit einer empfohlenen Vergütung von rund 154 Euro pro Monat im ersten Lehrjahr und Konditoren mit einer tariflich festgelegten Vergütung von knapp 215 Euro unter der Grenze liegen, verdienen Lehrlinge im Bäckerhandwerk 2018 im ersten Lehrjahr 565 Euro pro Monat. Deutlich über der Grenze liegt der Nachwuchs des Bauhandwerks. Dachdecker-Lehrlinge bekommen im ersten Lehrjahr 765 Euro, im zweiten 970 Euro und im dritten 1190 Euro.
Neue Bezeichnungen der beruflichen Fortbildung
Weiterhin unterstützt das Parlament die international verständlichen Fortbildungsstufenbezeichnungen „Berufsspezialisten“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ in der Berufsbildung. Die Zusatzbezeichnungen sollen verdeutlichen, dass die beruflichen Abschlüsse der zweiten und dritten Stufe auf einer Ebene mit den akademischen Abschlüssen „Bachelor“ und „Master“ stehen.
Stefan Lobenstein betont, dass die Bezeichnungen um „Junior- bzw. Seniorprofessional“ auch in Zukunft lediglich ergänzend verwendet werden sollen und warnt vor einer gänzlichen  Abschaffung des deutschen Meistertitels: „Der Meistertitel ist ein bewährtes Gütesiegel handwerklicher Spitzenqualität und gilt weltweit als Erfolgsprodukt. Diese über Jahrhunderte bewährte Bezeichnung genießt internationalen Respekt. Der THT steht hinter dem Meistertitel als jahrelanger Erfahrungsschatz und hinter seinen Meistern als Stützpfeiler der Thüringer Handwerksexzellenz.“
Enttäuscht zeigt sich der THT zudem über die neuen Regelungen zum beruflichen Prüfungswesen. Mitarbeiter, die als ehrenamtliche Prüfer tätig sind, müssen künftig für die Prüfertätigkeit von ihren Betrieben freigestellt werden. „Angesichts des hohen zeitlichen Aufwandes für Prüfer ist diese Belastung für Handwerksbetriebe unzumutbar. Außerdem entsteht eine Unsicherheit, weil nicht klar geregelt ist, in welchem Umfang Betriebe trotz Freistellung den Arbeitslohn fortzahlen müssen“, so Lobenstein, der sich weiterhin für Nachbesserungen für Entlastung der ehrenamtlichen Prüfer einsetzen möchte.

Thüringer Handwerkstag begrüßt Wiedereinführung der Meisterpflicht

Thüringer Handwerkstag begrüßt Wiedereinführung der Meisterpflicht

Ausweitung der Meisterpflicht für zwölf Gewerke geplant
Der Thüringer Handwerkstag (THT) e.V. befürwortet die geplante Änderung der Handwerksordnung, auf die sich die große Koalition geeinigt hat. Demnach soll in zwölf Gewerken die Meisterpflicht zurückkehren.
THT-Präsident Stefan Lobenstein begrüßt die Einigung: „Es ist als erster Erfolg zu werten, dass die Fehler, die die Politik in der Vergangenheit begangen hat, nun wieder korrigiert werden. Die Abschaffung der Meisterpflicht für viele Handwerksberufe im Jahr 2004 hat sich für die jeweiligen Berufsgruppen als Fehler erwiesen, denn dadurch wurden die Qualität der Handwerks- als auch die der Ausbildungsleistung stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Meisterbrief im deutschen Handwerk ist die beste Garantie für Qualitätsarbeit, Leistungsfähigkeit und Innovationskraft.“ Außerdem trage die Meisterpflicht durch eine hochwertige berufliche Aus- und Weiterbildung maßgeblich zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses im Handwerk bei, so der Präsident.
Die Wiedereinführung der Meisterpflicht kündigte die Politik an für Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter sowie Orgel- und Harmoniumbauer an. Damit kehren zwölf von 52 Gewerken von der Anlage B1 zurück in die Anlage A der Handwerksordnung.
Die Meisterpflicht soll ab 1. Januar 2020 für neu gegründete Betriebe gelten. Bestehende Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, werden auch weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben dürfen und erhalten Bestandsschutz.