November 2004 – Thüringer Handwerk -- archive.php --

Thüringer Nachhaltigkeitsabkommen nimmt Fahrt auf

Thüringer Nachhaltigkeitsabkommen nimmt Fahrt auf

Jeder kann Beitrag leisten
Die ersten 20 Teilnahmeurkunden am Thüringer Nachhaltigkeitsabkommen sind an die Betriebe übergeben worden. Man wählte sich dafür das festliche Ambiente der Staatskanzlei. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus nahm sich persönlich die Zeit, die Urkunden an die Unternehmer zu überreichen. Sechs der 20 eingeladenen Betriebe kamen aus dem Handwerk.

Im März diesen Jahres erst von Wirtschaft und Landesregierung unterzeichnet, ist dieses freiwillige Abkommen schnell aus den Startlöchern gekommen. 130 Betriebe haben sich seither beworben. Rund 120 erfüllen die Voraussetzungen. Die Kombination macht dieses Abkommen aus. Wer als Unternehmen mitmacht und sich somit in Umwelt- und Klimaschutz, Ressourcenschonung oder Abfallvermeidung beispielsweise durch freiwillige Umweltbetriebsprüfungen oder die Einführung  von Umweltmanagementsystemen besonders engagiert, wird von behördlicher Bürokratie entlastet.

Jeder könne in Sachen Nachhaltigkeit einen Beitrag leisten, betonte Ministerpräsident Althaus während der Übergabe der ersten Urkunden. Und damit meinte er nicht nur Bürger und Betriebe, sondern auch sich selbst. Seine Pläne für eine Verwaltungsreform und die Sparmaßnahmen der Regierung seien darauf ausgerichtet, landespolitische Handlungsfähigkeit auf Dauer herzustellen. Dies sei ebenfalls eine Form nachhaltigen Handelns.

Im Namen des Thüringer Handwerks gab Erfurts Kammerpräsident Rolf Ostermann erneut das Bekenntnis zur aktiven Unterstützung des Abkommens ab. Für das Handwerk sei nachhaltiges unternehmerisches Handeln keine neue Erfindung. Schließlich seien Handwerksbetriebe vielfach seit Generationen am Markt tätig. Da liege des in der Natur der Sache, der Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle zukommen zu lassen. Dass sich allein aus dem Handwerk über 90 Betriebe am Abkommen beteiligen, spreche eine deutliche Sprache.

Die Schornsteinfeger im Freistaat, die sich allesamt die Einführung des Umweltmanagementsystems nach ISO 14001 zertifizieren ließen, gehen dabei mit bestem Beispiel voraus.
 

Die Bezirksschornsteinfegermeister Thomas Menge, Stefanie Röser, Andreas Schmidt und Uwe Nentzel nahmen quasi in Vertretung ihrer Berufskollegen die ersten Urkunden entgegen.

Außerdem erhielten die Köhnke Dienstleistungen GmbH aus Hildburghausen und die Pieper Oberflächentechnik Hermsdorf ihre Urkunden.

  

Betriebe, die sich für eine Teilnahme am Nachhaltigkeitsabkommen interessieren, wenden sich an ihre zuständige Handwerkskammer.

Impressionen von der Mitgliederversammlung 2004

Impressionen von der Mitgliederversammlung 2004

Bilder vom ersten Teil der Mitgliederversammlung


Begrüßung durch Vorstandsmitglied Henner Hartung

 
Ansprache des Präsidenten Rolf Ostermann  


Das Präsidium

 
Ansprache von Vizepräsident Karl-Heinz Schneider

 Wolfgang Zierow, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses

 
Auszeichnung von Andreas Hartwich – Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Fachverbände des Thüringer Handwerks – mit der Ehrennadel des Thüringer Handwerks


… eine Wortmeldung von Wolfgang Horn, Landesinnungsmeister des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks in Thüringen


Auszählung der Wahl zum Vorstand


Gratulation des Wahlleiters Frank Hippler, Vorstand IKK-Thüringen an Rolf Ostermann zur Wahl zum Präsidenten


Der neu gewählte Vorstand: Vizepräsident Karl-Heinz Schneider, Vorstandsmitglied Henner Hartung, Präsident Rolf Ostermann, Vorstandsmitglied Ullrich Eller, Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Vogel, Vorstandsmitglied Klaus Nützel (v.l.n.r.)


Der zweite Teil der Mitgliederversammlung mit geladenen Gästen

 
Die Rede des Präsidenten Rolf Ostermann und des Wirtschaftsministers Jürgen Reinholz

Informationsaustausch und anregende Gespräche danach im Foyer

 

 

Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages e.V. am Donnerstag, 4. November 2004, im Congress Centrum Suhl

Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstages e.V. im Congress Centrum Suhl am Donnerstag, 4. November 2004


Download als pdf:
– Die Rede des Präsidenten
– Das Positionspapier

– Das Thüringer Handwerk in Zahlen

Pressemitteilungen:
– Ergebnis der Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des Vorstandes
– Aktuelle Handwerkskonjunktur                     
– Novellierung der Handwerksordnung                               
– Reformen und Hartz IV
              
– Landespolitik: Dialog vor Entscheidungen
                    
– Ausbildung             

Ergebnis der Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des Vorstandes

Wahl des Vorstandes des Thüringer Handwerkstages e.V. – Ostermann als Präsident bestätigt

Die Mitglieder des Thüringer Handwerkstages haben in der turnusmäßig anstehenden Wahl den bisherigen Vorstand im Amt bestätigt.

Präsident:
Rolf Ostermann
(Präsident der Handwerkskammer Erfurt)

Vizepräsident:
Karl-Heinz Schneider
(Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes für das thüringische Dachdeckerhandwerk)

Weitere Vorstandsmitglieder:
Klaus Nützel
(Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen)
Henner Hartung
(Präsident der Handwerkskammer Südthüringen)
Hans-Jürgen Vogel
(Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes des Kraftfahrzeughandwerks Thüringen)
Ullrich Eller
(Landesinnungsmeister des Landesinnungsverbandes des Schornsteinfegerhandwerks im Freistaat Thüringen).

Im Thüringer Handwerkstag sind die drei Handwerkskammern sowie 37 Fachverbände, Landesinnungsverbände und Landesinnungen organisiert. Damit bildet der Thüringer Handwerkstag die höchste Interessenvertretung des Handwerks im Freistaat.

Der Vorstand wird für drei Jahre gewählt.

Aktuelle Handwerkskonjunktur

Auch 2004 bleibt die Lage im Thüringer Handwerk angespannt: Die aktuell 29.440 Handwerksbetriebe, 824 mehr als zu Jahresbeginn, beschäftigten Ende September rund 141.000 Mitarbeiter, etwa 3.500 weniger als zu Jahresbeginn. Wie der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Rolf Ostermann, anlässlich der Mitgliederversammlung in Suhl betonte, sei diese gegensätzliche Entwicklung von Betriebszuwächsen und Beschäftigtenabbau nicht weiter verwunderlich, weil sich an der grundsätzlichen Konjunkturlage nichts geändert habe. Gleich mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich: die schwache Binnennachfrage aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und der allgemeinen Verbraucherverunsicherung, leere öffentliche Kassen sowie enormer Kostendruck aufgrund des anhaltenden Dumpingwettbewerbs in vielen Branchen. Gestiegene Energie- und Rohstoffkosten, die an die Kunden aufgrund der Marktsituation nicht weitergegeben werden können, tragen ebenfalls dazu bei, dass Umsatz- und Ertragsentwicklung im Thüringer Handwerk mehr als unbefriedigend sind.

Für das Gesamtjahr 2004 erwartet Ostermann ein weiteres Anwachsen der Betriebszahl wie einen weiteren Abbau an Beschäftigten. Die deutliche Steigerung der Betriebszahlen um 824 bis zum Stichtag 30. September wird vom THT-Präsidenten als eine Sonderentwicklung eingeschätzt, die ausschließlich auf die novellierte Handwerksordnung zurückzuführen sei.

Novellierung der Handwerksordnung

Eine Bilanz nach knapp neun Monaten zeigt deutlich, wie recht das Handwerk mit seinen Warnungen bezüglich der Auswirkungen der Novellierung der Handwerksordnung gehabt hat: Während die Eintragungen in den Anlage A-Berufen, den Berufen mit Meisterpflicht also, sowie in den handwerksähnlichen Branchen keine großen Schwankungen zu den Vorjahren aufwiesen, sind sie in den jetzt zulassungsfreien B-1-Berufen, die ohne jeglichen Kenntnisnachweis ausgeübt werden können, mit rund 11 Prozent förmlich in die Höhe geschossen. Spitzenreiter bei den Eintragungszahlen waren hier die Branchen Gebäudereiniger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger und Raumausstatter. Rund 70 Prozent dieser neuen Unternehmer verfügt über keine fachspezifische Ausbildung, geschweige denn einen Meisterbrief. „Für die Leistungsfähigkeit und die Dauerhaftigkeit dieser Betriebe erwarte ich wenig Gutes,“ so Ostermann. Außerdem gehe diese Entwicklung einher mit einem deutlichen Qualitätsverlust, was auch den Ruf des Handwerks insgesamt schädigen könne.

Beschäftigungseffekte hat die Novellierung der Handwerksordnung bisher ebenso wenig gebracht wie Effekte auf dem Ausbildungsmarkt. Auch hier haben sich die Erfahrungen des Handwerks bestätigt, dass Kleinstbetriebe ohne qualifizierte Leitung, wie sie die meisten Existenzgründer in der Anlage B 1 sind, weder Mitarbeiter einstellen noch selbst ausbilden.

Ostermann appellierte daher an alle Existenzgründer, sich möglichst gut vorbereitet in die Selbständigkeit zu wagen. „Eine Erfolgsgarantie ist der Meisterbrief zwar nicht. Aber er ist das bewährteste berufliche Qualitätssiegel unserer Deutschen Wirtschaft,“ gab er zu bedenken. Es sei der Meisterqualifikation zu verdanken, dass das Handwerk zu den stabilsten Wirtschaftszweigen in Deutschland zählt.

Reformen und Hartz IV

Gäbe es Noten für das öffentliche Betragen der Politiker im Bund, der THT-Präsident würde dem Großteil der Politikerklasse ein „schlechtes Betragen“ ins Klassenbuch schreiben. Der Reformstau in Deutschland, so Ostermann, habe eine seiner Ursachen darin, dass Sachthemen immerwährend zu Personalthemen würden. Er  forderte die Politiker daher auf, in drängenden politischen Entscheidungsfeldern wie Steuerreform, Gesundheits-, Renten- und Arbeitsmarktreform endlich Problemerkennung und Lösungsdurchsetzung statt unendliche Streitereien zu betreiben.

Erste Signale setzt die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das Prinzip des „Fordern und Fördern“ sei die richtige Zie
lrichtung, unterstrich Ostermann. Es dürfe bei der Umsetzung, insbesondere bei den über 6.000 in Thüringen vorgesehenen 1-Euro-Jobs, aber keine neuerliche Wettbewerbssituation entstehen. Erste Begehrlichkeiten seitens der Kommunen wurden bereits öffentlich. „Es darf nicht sein, dass wir Handwerker mit unseren Steuern und Abgaben unsere eigene Billig-Konkurrenz finanzieren.“ Hier forderte er alle Beteiligten auf, sehr sorgsam die Maßnahmen auszuwählen, in denen Arbeitslose beschäftigt werden.

Sorge bereitet dem Handwerk die stetig wachsende Staatsverschuldung, die bisher mit offenen oder verdeckten Steuererhöhungen abgemildert werden soll. Bessere Rahmenbedingungen für mehr Investitionen gibt es laut Ostermann indes nur, wenn innerhalb eines umfassenden Steuerreformpaketes Subventionen ebenso abgebaut würden wie die Steuerbelastung.

Statt beispielsweise die Eigenheimzulage – für die bauwilligen Familien hier in Thüringen und somit auch für das Thüringer Bauhandwerk eine wichtige Stütze – ersatzlos zu streichen, sollten Veränderungen beispielsweise in der Bemessungsgrundlage oder in der Einbeziehung von Aufwendungen überlegt werden. Dies könnte gleichzeitig sinnvoll Schwarzarbeit eindämmen.

Landespolitik: Dialog vor Entscheidungen  

Auf landespolitischer Bühne stand die Landtagswahl und die Neuaufstellung der Landesregierung im Blickpunkt.

Der Thüringer Handwerkstag möchte auch mit der neuen Landesregierung eine gemeinsame Vereinbarung zur Entwicklung des Handwerks erarbeiten und im Frühjahr 2005 unterzeichnen.

Kritisch sieht das Thüringer Handwerk aktuelle Bestrebungen insbesondere im Wirtschaftsministerium, bewährte Beratungsangebote der Kammern künftig in landeseigene Gesellschaften wie der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zusätzlich und damit steuersubventioniert zu installieren. Außerdem drängt der THT das Wirtschaftsministerium darauf, die Förderbreite nicht zu Gunsten nur weniger Bereiche zu verengen. Die Förderung der Überbetrieblichen Lehrgänge als direkte Unterstützung für die ausbildenden Betriebe müsse auf gleichem Niveau fortgeführt werden. Doch ebenso sei es Aufgabe des Wirtschaftsministeriums, gerade die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks auf der Suche nach neuen Absatzmärkten zu unterstützen. Präsentationen auf Messen im In- und Ausland seien für viele Betriebe die einzige Möglichkeit, sich neue Märkte zu erschließen. „Wenn es uns nicht gelingt, diese Betriebe durch das allgemeine Konjunkturtal hindurchzuführen und langfristig auf stabile wirtschaftliche Beine zu stellen, werden wir nicht nur Unternehmen verlieren, sondern auch ein Stück Thüringer Identität.“

Ostermann forderte Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz auf, nicht über die Köpfe der Handwerker hinweg Entscheidungen zu treffen. Im Dialog liege die Chance, neue Wege in der Handwerksförderung zu finden.

Ausbildung  

In den Bemühungen einer qualifizierten Ausbildung der Jugend weiß das Handwerk die Landesregierung an seiner Seite. Die Unterstützung der Überbetrieblichen Lehrunterweisung ist seit Jahren kontinuierlich hoch und liegt über dem Bundesdurchschnitt. Umso wichtiger wird es in den kommenden Jahren, die Qualität aufrecht zu erhalten.

Das Thüringer Handwerk wird im Rahmen des Thüringer Paktes für Ausbildung seine anvisierten 5.100 Ausbildungsverträge beisteuern und bis Jahresende mit einer Ausbildungsquote von rund 10 Prozent (bezogen auf die Beschäftigtenzahl im Handwerk) erneut deutlich über allen anderen Wirtschaftsbereichen liegen.

Mit Stand vom 31. Oktober 2004 wurden 5.029 neue Ausbildungsverträge im Thüringer Handwerk unterzeichnet; ein Plus von 8 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Damit hat das Handwerk im Freistaat 98,6 Prozent der bis zum Jahresende anvisierten 5.100 Ausbildungsverträge erreicht.

Ostermann wies darauf hin, dass nicht ausschließlich die Ausbildungsverträge das Ausbildungsengagement des Handwerk dokumentieren. Gerade als Partner der Schulen stelle das Handwerk mit seinen vielen tausend Praktikumsbetrieben eine wichtige Basis für die berufliche Orientierung der Jugend. In diesem Jahr sollen 294 Praktikumsplätze im Rahmen der Einstiegsqualifizierung für Jugendliche (EQJ) hinzukommen. Hier erhalten Jugendliche die Chance, in sechs- bis zwölfmonatigen betrieblichen Praktika in einen Beruf hinein zu schnuppern.

Die Ausbildungssituation bleibt in diesem Jahr ähnlich schwierig wie in den Vorjahren. Dem Handwerk wird es aber aller Voraussicht nach gelingen, trotz anhaltend schwacher Konjunktur die Ausbildungszahlen zu stabilisieren. Der Appell Ostermanns ging auch zu diesem Zeitpunkt an die Betriebe, der Jugend und der eigenen Fachkräftegewinnung willen, Ausbildungsplätze bereitzustellen. Auch wenn es in diesem Jahr noch keinen Bewerberrückgang gab, in spätestens zwei Jahren werden die geburtenschwachen Jahrgänge der „Nachwende-Generation“ für deutlich weniger Schulabgänger- und somit Bewerberzahlen sorgen.

Mit dem Sinken der Bewerberzahlen in den nächsten Jahren kommen neue Herausforderungen auf das Handwerk zu. Es steht zu erwarten, dass es in einigen Branchen dann zu akutem Bewerbermangel kommt, zumal bereits heute schulische Qualifikation und Anforderung des Ausbildungsberufes auseinander klaffen. Hier ist in erster Linie das Kultusministerium mit den schulischen Partnern aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um die Ausbildungstauglichkeit der Schulabgänger zu erhöhen. „Wir können es uns nicht länger leisten, unsere Schulen ideologisch zu organisieren. Auch hier muss gelten ´fordern und fördern´. Und es muss der Blick über den Tellerrand gehen. Längeres gemeinsames Lernen und eine höhere Praxisbezogenheit im Unterricht sind die Vorschläge des Handwerks.“

Eindringlich warnt das Thüringer Handwerk vor einer Zersplitterung der beruflichen Bildung. „Berufliche Bildung muss in der Hoheit des Bundes bleiben.“ Ostermann forderte die  Landesregierung auf, den Bestrebungen, die berufliche Bildung in die Länderhoheit zu überführen, entgegenzuwirken.

Während man auf europäischer Ebene an der Vergleichbarkeit und damit an der gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen arbeitet, sollte Deutschland nicht den entgegengesetzten Weg einschlagen und den deutschen Exportschlager „Berufliche Bildung“ zersplittern.

Das Ergebnis wäre nicht nur für die berufliche Zukunft junger Menschen schädlich, denn ohne Vergleichbarkeit der Abschlüsse wäre die Mobilität der Absolventen beruflicher Ausbildung  stark eingeschränkt, sondern hätte auch hohen Kosten- und Organisationsaufwand für überregional tätige Betriebe und hohen Verwaltungsaufwand der für die berufliche Bildung zuständigen Stellen zur Folge. Nicht zu vergessen ist, dass das hohe Ansehen und die große Akzeptanz des Dualen Ausbildungssystem mit seinen umfangreichen Möglichkeiten der Aus- und der Weiterbildung nicht zuletzt auf den bundeseinheitlichen Ausbildungsstandards fußt.

Resolution des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung am 4. November 2004 in Suhl

Resolution des Thüringer Handwerkstages e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung
am 4. November 2004 in Suhl

Reformwillen parteiübergreifend demonstrieren

Der Thüringer Handwerkstag e.V. als Spitzenorganisation des Thüringer Handwerks und somit von knapp 30.000 Betrieben mit 141.000 Beschäftigten und fast 16.000 Auszubildenden, fordert die Politiker aller Parteien in Bund,  Land und Kommunen auf, die allseits bekannten und erforderlichen Reformen endlich sachlich, konsequent und zügig anzupacken.

Unser Land kann es sich nicht leisten, fortwährend auf Landtags- oder Bundestagswahlen Rücksicht zu nehmen und damit dringend notwendige Reformschritte auf die lange Bank zu schieben.

In der Steuer- und Finanzpolitik muss das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, dass  sich das Investitionsklima in Deutschland wieder verbessert, Arbeitslosigkeit abgebaut wird und die Konsumnachfrage steigt. Mehr Steuergerechtigkeit, Steuersenkungen und Subventionsabbau sind hierbei parallel durchzuführende Maßnahmen, um den Steuerdschungel zu lichten und für mehr Investitionen zu sorgen.

Um die Arbeitslosigkeit zu senken, bedarf es grundlegender Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt. Einstellungen müssen erleichtert werden, die ausgeuferten Lohnzusatzkosten reduziert und das Arbeitsrecht flexibilisiert werden. Der Beschäftigungsmotor Mittelstand ist unter anderem auch deshalb ins Stocken geraten, weil die standorttreuen kleinen und mittleren Betriebe unter der bürokratischen Regelungswut besonders zu leiden haben.

Um die Bedürfnisse und technischen Möglichkeiten kleiner Betriebe zu berücksichtigen, sollten bei allen geeigneten Gesetzen und Auflagen, insbesondere im Sozial- und Arbeitsrecht sowie Umweltrecht, Kleinbetriebsregelungen mit vereinfachten Anforderungen beziehungsweise Freistellungen eingeführt werden.

In Bezug auf die Arbeitsmarktreform Hartz IV werden Arbeitsagenturen und Kommunen aufgefordert, besonders sorgsam bei der Vergabe von sogenannten 1-Euro-Jobs vorzugehen, um eine mögliche Billig-Konkurrenz von vornherein auszuschließen.

Staatliche Existenzgründungsförderungen dürfen nicht länger zum Dumpingwettbewerb gegenüber bereits am Markt tätigen Betrieben führen.

Um Deutschland eine zukunftssichere Basis zu geben, braucht es dringend strukturelle Reformen in den sozialen Sicherungssystemen. Der Faktor „Arbeit“ darf nicht weiter verteuert werden. Insbesondere bedarf es einer Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung, um die Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit  des Gesundheitssystems auf Dauer aufrecht zu erhalten. Das Thüringer Handwerk ist der Überzeugung, dass auf Dauer kein Weg an einem Mischsystem aus paritätisch finanzierten Pflichtleistungen und einer individuellen, kapitalgedeckten und eigenfinanzierten Zusatzvorsorge, ähnlich der Rentenversicherung, vorbeiführt.

Dringend reformbedürftig ist das deutsche Bildungssystem. In der Dualen Berufsausbildung im Handwerk ist seit Jahren das sinkende Bildungsniveau vieler Bewerber deutlich bemerkbar. Ziel der Bildungspolitik muss sein, Deutschland sowohl in der Spitzentechnologie, der Forschung als auch des allgemeinen Fachkräftereservoirs wieder auf eine internationale Spitzenposition zu bringen. Hierzu gehört neben Veränderungen in der schulischen Bildungslandschaft wie beispielsweise ein längeres gemeinsames Lernen, die Stärkung der beruflichen Bildung. Reformen müssen in diesem Zusammenhang im Handwerk zur Stärkung der Qualifizierung und nicht zur Dequalifizierung, wie im Rahmen der jüngsten Novellierung der Handwerksordnung, führen.