Pressemitteilungen:
Aktuelle Konjunktur – Handwerk im Stimmungshoch
Ausbildung – Handwerk wird Pakt erfüllen
Aktuelle Konjunktur:
Handwerk im Stimmungshoch
Das Handwerk im Freistaat nahm in diesem Jahr, insbesondere seit dem zweiten Quartal deutlich an Fahrt auf. 79 Prozent der befragten Betriebe schätzten in den Herbstkonjunkturumfragen der Handwerkskammern ihre Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“ ein. Dies ist der beste Wert seit acht Jahren. Die verbesserte Geschäftslage hat auch Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahl. Erstmals ist die Anzahl der Betriebe, die Mitarbeiter einstellen, höher als die der Betriebe, die Mitarbeiter entlassen müssen. Mit rund 137 000 Beschäftigten (Zahlen beruhen auf handwerksinterner Statistik) konnte eine leichte Steigerung um 1 000 Mitarbeiter in diesem Jahr erreicht werden.
Neuen Schwung erhielt insbesondere das Baugewerbe. Hier sprachen sogar mehr als 80 Prozent von einer guten beziehungsweise befriedigenden Geschäftslage. Hier macht sich die gestiegene Investitionstätigkeit der gewerblichen Wirtschaft ebenso bemerkbar wie die zusätzlichen privaten Investitionen. Die neue Möglichkeit, Handwerkerleistungen steuerlich anzurechnen und das energetische Gebäudesanierungsprogramm hinterlassen hier ebenfalls ihre ersten Spuren.
Als wesentlichen Schub für handwerkliche Leistungen durch die Kunden sieht das Handwerk jedoch den Vorzieheffekt aufgrund der anstehenden Mehrsteuererhöhung in 2007. Hiervon profitiert aktuell neben dem Baugewerbe insbesondere das Kfz-Handwerk. Für das kommende Jahr rechnen beide Bereiche mit deutlichen Rückgängen.
Die höhere Betriebsauslastung führte zu einer besseren Umsatzentwicklung. Allerdings geht damit nicht automatisch eine Gewinnsteigerung für die Betriebe einher. Denn nach wie vor können die meisten Betriebe die ständig steigende Energie- und Rohstoffpreise nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergeben. Dies dämpft die Hoffnung auf eine bessere Ertragslage.
Gesundheitshandwerker weiter unter Druck
Von der konjunkturellen Belebung, die sich durch nahezu alle Handwerksbereiche zog, spüren die Gesundheitshandwerke kaum etwas. Nicht einmal 40 Prozent der befragten Gesundheitshandwerker schätzten ihre Geschäftslage mit befriedigend ein. Die ständigen Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind hierfür als Ursache zu sehen. Mit Sorge betrachtet der Thüringer Handwerkstag daher auch die neusten Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium, künftig per Ausschreibung nur noch die billigsten Leistungsanbieter auszuwählen. Durch regional tätige Gesundheitshandwerker wird bisher eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Heilmittelversorgung der Kranken gewährleistet. Mit Umsetzung der Gesundheitsreform steht zu befürchten, dass es im Ergebnis des Billig-Wettkampfs nur noch wenige monopolartige Anbieter geben wird.
Der THT fordert die Bundesregierung auf, hier dringend die Gesundheitsreform abzuändern, um nicht hochqualifizierte Handwerke in ihrem Bestand und damit die Versorgung der Kranken mit entsprechenden Produkten zu gefährden.
Der Thüringer Handwerkstag befürchtet, dass sich die in diesem Jahr insgesamt positiven Zahlen für das Handwerk nicht in 2007 fortsetzen werden. Da das Handwerk als lokaler und regionaler Anbieter von Produkten und Dienstleistungen stark vom Binnenmarkt abhängig ist, wird sich die für Anfang 2007 prognostizierte Konsumzurückhaltung direkt auf die Handwerksbetriebe niederschlagen.
Vor diesem Hintergrund ist eine zügige Umsetzung der Unternehmenssteuerreform sowie eine Fortführung und Aufstockung konjunkturfördernder Maßnahmen dringend geboten. Der Thüringer Handwerkstag fordert beispielsweise eine Aufstockung der Abzugsfähigkeit von Handwerkerrechnungen auf mindestens 1 000 Euro (bisher bis zu 600 Euro). Damit kann nach Überzeugung des THT zum Teil die Mehrwertsteuererhöhung zumindest im Bau- und Ausbaubereich kompensiert werden. Außerdem würde man damit einem vorhersehbaren Anstieg der Schwarzarbeit entgegenwirken.
Eine weitere wichtige Voraussetzung für eine bessere Binnenkonjunktur ist die Entlastung der Betriebe von den Lohnzusatzkosten. Dass von der Mehrwertsteuererhöhung lediglich der Arbeitslosenversicherungsbeitrag um ein Prozent gesenkt werden soll, ist weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn im gleichen Atemzug werden mit der Gesundheitsreform ab 2009 die Sozialabgaben weiter steigen. Nach Überzeugung des THT enthält die Gesundheitsreform keine Lösungen für die strukturellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung. Der vorgesehene Fonds wird gut wirtschaftende Krankenkassen bestrafen und insgesamt die Beiträge weiter steigen lassen. Außerdem ist keine Entkopplung der Beiträge von den Löhnen geplant. Die Kritik des Handwerks hat der THT in einem Brief an die Thüringer Bundestagsabgeordneten und die Bundesgesundheitsministerin formuliert.
Betriebliche Entwicklung in Zahlen:
Die Anzahl der Betriebe im Handwerk stieg im letzten Jahr um 767 und lag mit Stichtag 30. Juni 2006 bei 30 940. Steigerungsraten verbuchen weiterhin die zulassungsfreien Handwerke der Anlage B1. Um 15 Prozent stieg hier die Zahl auf jetzt 4266. Bei den zulassungspflichtigen Handwerken (20 629) und bei den handwerksähnlichen Gewerben (6 045) stieg die Betriebszahl kaum an.
Seit der Novellierung der Handwerksordnung 2004 ist festzustellen, dass der Anteil der 41 zulassungspflichtigen Handwerke gegenüber den 53 zulassungsfreien Handwerken sinkt. Waren Mitte 2004 noch 70 Prozent aller Betriebe in der Anlage A zu finden, so schwand der Anteil bis Mitte 2006 auf 67 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Anlage B1 – Betriebe von 11 auf nunmehr fast 14 Prozent.
Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt nur noch bei rund 4,4 Beschäftigten; Mitte der 90er Jahre wurde schon ein Wert von 7 erreicht. Dies ist eine kritische Entwicklung. Denn mit sinkender Betriebsgröße sinkt die Leistungstiefe des Handwerks und damit für den Kunden die erstrebte Versorgungsbreite. Komplexe Aufträge können vom Handwerk nicht mehr in dem Umfang bearbeitet werden, wie Auftraggeber wünschen. Damit entgehen dem Handwerk wichtige Aufträge und dem Kunden Lebensqualität durch fehlende handwerkliche Dienstleistungen.
Ein leistungsfähiges Handwerk gehört natürlich mit zu den Standortfaktoren eines Landes. Daher muss es im Interesse aller sein, die betriebliche Stabilität und betriebliche Entwicklungsmöglichkeiten im Handwerk zu fördern.
Ausbildung:
Handwerk wird Pakt erfüllen
Gute Meldung aus dem Kammerbezirk Ostthüringen. Dort wurde bereits vor einigen Tagen der Ausbildungspakt 2006 erfüllt. 1 320 neue Ausbildungsverträge und 100 erstausbildende Betriebe hatte die Handwerkskammer für Ostthüringen zugesagt. Im Kammerbezirk Ostthüringen waren am 31. Oktober bereits 1 466 Ausbildungsverträge unterzeichnet.
In den anderen Kammerbezirken befindet man sich ebenfalls auf gutem Weg. Zum Stichtag 31. Oktober wurden im Kammerbezirk Südthüringen 973 Ausbildungsverträge und im Kammerbezirk Erfurt 2 238 Ausbildungsverträge unterzeichnet. Bis Jahresende sollen in Südthüringen 1 000 und in Erfurt 2 480 Verträge unterschrieben worden sein.
Bezogen auf die Beschäftigtenzahl liegt das Thüringer Handwerks mit einer Ausbildungsquote von 11 Prozent weiterhin an der Spitze der Thüringer Wirtschaft.
Um dieses hohe Niveau zu halten, ist es dringend erforderlich, dass die schulischen Qualifikationen der Bewerber besser werden. Denn die hohe Zahl unvermittelter und nicht vermittelbarerer Bewerber in eine Duale Ausbildung ist nicht nur Beleg für die angespannte Situation in vielen Betrieben, sondern auch einer zu lückenhaften schulischen Vorbildung.
Eine Duale
Ausbildung birgt immer noch die besten Chancen für einen erfolgreichen Eintritt in die Arbeitswelt. Vollzeitschulische Ausbildungen bergen in Ostdeutschland nach einer Studie des Bundesinstitutes für berufliche Bildung (BIBB) ein weit größeres Risiko, nach der Ausbildung nicht wie gewünscht auf dem Arbeitsmarkt Tritt zu fassen (nur 22 Prozent fand eine Arbeitsstelle). Die Erwerbsquote der betrieblich ausgebildeten ostdeutschen Jugendlichen lag bei 53 Prozent.
Der Thüringer Handwerkstag fordert daher, nur in sehr beschränktem Umfang und nur dort wo nötig, vollzeitschulische Ausbildungsgänge anzubieten. Es darf auf keinen Fall dazu kommen, dass schulische und betriebliche Ausbildung gegenseitig in Konkurrenz treten. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung nimmt in den nächsten Jahren die Zahl der Schulabgänger drastisch ab. Um eine bedarfsgerechte Ausbildung zu gewährleisten und damit den benötigten Fachkräftenachwuchs heranzubilden, ist eine Konzentration und eine weitere Unterstützung der Duale Ausbildung zwingend geboten.
Im Positionspapier hat der Thüringer Handwerkstag e. V. zu den Themen Finanz- und Steuerpolitik, soziale Sicherungssysteme, Bürokratieabbau, Energiepreise, „de-minimis“ – Beihilfen und Aus-, Fort- und Weiterbildung Stellung genommen.